Wie alles anfing
Eigentlich ist Herr Lauf an allem schuld. Zu Beginn
des Schuljahres 1992/93 kam er auf einige Schüler
der damaligen JG 12 zu, mit dem Vorschlag, einen "Literaturabend"
am THG ins Leben zu rufen. Die Grundidee bestand darin,
für Schüler und Lehrer ein Forum zu schaffen,
um Texte vorzustellen, durch die sie besonders angesprochen
wurden oder zu denen sie einen besonderen Bezug hatten,
aber auch, um Selbstgeschriebenes einem Publikum präsentieren
zu können. Intention war auch, den Spaß am
Lesen "rüberzubringen" und andere zu
motivieren, vielleicht selbst einmal wieder zu einem
Buch zu greifen, zum Beispiel zu einem der vorgestellten.
Die Schüler nahmen den Vorschlag begeistert auf
und schon war der erste Literaturabend am THG in Planung
(meines Wissens fand er am 16. Oktober 1992 statt).
Herr Lauf musste uns zwar besonders am Anfang bei Textauswahl
und Musikbe-
schaffung kräftig unter die Arme greifen, doch
im Grunde wurde die Veranstaltung von den Schülern
gestaltet und organisiert (im Kern waren dies: Annika
Mattissek, Sebastian Oesinghaus, Susanne Albrecht und
Diana von Webel, unterstützt von vielen "Gelegenheits-Tätern").
Das Programm setzte sich hauptsächlich aus Texten
der modernen Literatur zusammen, vereinzelt auch aus
von Schülern selbst verfassten Geschichten. Ab
und zu wurden Schwerpunktthemen festgelegt, zum Beispiel
Texte spanischer Autoren. Anfangs fand der Literaturabend
alle sechs Wochen statt, mit der Zeit wurden die Abstände
etwas größer (ca. alle acht bis zehn Wochen).
Im Laufe der Zeit bildete sich so etwas wie ein Stammpublikum,
das vor allem aus Schülern der Oberstufe, Lehrern
und Eltern bestand. Um die Leute anzulocken , gestaltete
Sebastian Oesinghaus des öfter sehr originelle
Werbeplakate (z.B. "Wohin Mephisto?" oder
"Eines Tages werdet Ihr merken, dass Euch etwas
Entscheidendes fehlt").
Wir wollten das Ganze in einem netten Rahmen stattfinden
lassen, mit musikalischen Darbietungen und Pausen, in
denen das Gehörte verarbeitet werden konnte. Da
unser Veranstaltungsort die Cafeteria war, konnten wir
auch Süßigkeiten und Getränke anbieten
(Herr Lauf sponserte auch jedes Mal einen Kasten Bier
für die Gäste). Das Rahmenprogramm - die musikalische
Intermezzi - avancierte oftmals zum Highlight, besonders
wenn Esther Kaiser ihre Gesangskünste zum Besten
gab. An dieser Stelle sind die Klavierbeiträge
von Christian Reichart und Katrin Schaumann hervorzuheben.
Besonders erinnern wir uns auch an den Abend, als der
Musik Grundkurs unter Leitung von Herrn Caspari den
Veranstaltungsraum mit exotischem Calypso-Rhythmus erfüllte.
Besonders lustig wurde es manchmal, wenn Gäste
sich spontan entschlossen, etwas vorzutragen. So zum
Beispiel, als zwei Schüler aus einem Buch des Blödelbarden
Helge Schneider vorlasen und vor lauter Lachen kaum
ein Wort herausbrachten. Aber auch Nachdenkliches wurde
präsentiert, wobei am beeindruckendsten oft die
selbstgeschriebenen Texte waren.
Am Ende möchten wir noch bemerken, dass die Literaturabende
und deren Vorbereitungen uns viel Spaß gemacht
haben und wir froh sind, dass die Veranstaltung bis
heute "überlebt" hat (was uns auch mit
einem gewissen Stolz erfüllt, so als Gründermütter...).
Annika & Diana
Wie es weiterging
Nachdem sich die "Altgedienten" aus dem Geschäft
zurückgezogen hatten und der THG-Literaturabend
in dieser Form praktisch aufgehört hatte zu bestehen,
fragte Herr Lauf in seinem damaligen Deutsch-LK nach,
ob nicht Interesse bestünde, den Literaturabend
weiterzuführen. Und siehe da, prompt fand sich
ein Häuflein zusammen, das größtenteils
aus Leistungskursteilnehmern, aber auch aus einigen
Schülern der Mittelstufe bestand.
Andrea Bartsch, Matthias Crawe, Sybille Kuthe, Raluca
Philippi, Karin Brogt, Laura Gillmann, Katrin Schaumann,
Birgit Pietrschinsky, Maya Bertsch und Heike Hartmann
bildeten die neue Crew. Schnell einigten wir uns darauf,
dass die Abende etwas anders als bisher gestaltet werden
sollten, um auch mehr junges Publikum anzulocken. Leichter
gesagt als getan. Wir beschlossen also, jeder Veranstaltung
ein bestimmtes Motto zuzuordnen, so dass der eine oder
andere dadurch eventuell angesprochen wurde. Vielleicht
war unser erstes Thema aber doch nicht so geeignet,
viele Schüler zu begeistern, bei den Lehrern hingegen
stieß die Idee auf großes Interesse: wir
wollten Texte der sogenannten "verbrannten Dichter",
also der im 3. Reich verbotenen Autoren, vorstellen.
Der erste Abend verlief dann auch einigermaßen
chaotisch, denn geplagt von Lampenfieber waren wir überzeugt
davon, am Rednerpult keinen Ton herauszubekommen....
Fest stand nach unserer ersten Veranstaltung: die Abende
mussten fetziger gestaltet werden. So nahmen wir dann
auch gern das Angebot der Schüler-Rockgruppe "Watching
Paint Dry" an, einmal in den "heiligen Hallen"
des THG's einen Literaturabend mitzugestalten. Diesmal
wurden moderne Texte u.a. Liedertexte, Science-Fiction-Romane
gelesen. Die meisten Schüler hatten hieran großen
Spaß, viele Lehrer jedoch rümpften die Nase
und "suchten vergeblich nach Niveau". In den
von Musik ausgefüllten Pausen mussten einige sogar
den Raum verlassen wegen des - Nun, wir wollen aber
nicht zu hart urteilen über unser im Grunde treues
Publikum, denn die Lehrer waren im Vergleich zu unseren
Mitschülern bei allen Literaturabenden immer recht
zahlreich vertreten, wenn auch auffiel, dass eher die
mathematisch-naturwissenschaftliche Front anwesend war.
Und es sollte auch wieder andere Abende geben, an denen
man beispielweise südamerikanische Literatur oder
Märchen aus aller Herren Länder lauschte und
sich in den Pausen bei Jannis Johans Klavierimprovisationen
erholte.
Wie auch unseren Vorgängern gelang es uns nie,
das Vorurteil abzubauen, Literatur(abende) sei grundsätzlich
eine dröge Angelegenheit, aber vielleicht haben
wir einen kleinen Teil dazu beigetragen, Spaß
am Lesen zu wecken oder auch am eigenen Schreiben, weshalb
wir auch selbst verfasste Gedichte und Geschichten (mit
einigen Hemmungen!) vortrugen. Valeska Rehm aus der
Unterstufe tat sich hierbei als wahre Schreibkünstlerin
hervor! Oft waren die Vorbereitungen für die anfangs
sechswöchig geplanten Abende, die dann im zweiten
Jahr nur noch alle 8-10 Wochen stattfanden, etwas zäh.
Doch gab es auch andere Momente, und fast alle blieben
bis zum Schluss dabei. Schade war, dass nur selten auch
mal jemand aus dem Publikum bereit war, etwas vorzutragen
und dass keine Diskussionen über das Gehörte
stattfanden.
Dafür hoffen wir aber, unseren Besuchern ein paar
schöne Vorlesestunden bereitet zu haben. Erwähnt
werden müssen auch die Dichterlesungen am THG,
die während unserer Zeit im Rahmen der Literaturabende
stattfanden. Unser Beitrag bei diesen Autorenlesungen
war, dass wir dem an solchen Abenden recht zahlreichen
Publikum die Autoren in ihrer Biografie und mit Hinweisen
zu ihrem Werk vorstellten. Dank der guten Beziehungen
zum Kulturamt der Stadt Freiburg stellten sich während
unserer Literaturabend-Zeit Günter Saalmann, Janina
David, Ingeborg Bayer, Peter Sichrovsky, Erich Hackl
und Barbara Honigmann mit ihrem Werk an unserer Schule
vor.
Katrin Schaumann
Die erste K.U.L.T. - Veranstaltung
Am Freitag, dem 13. Juni 1997, bekam das seit Jahren
nahezu stagnierende Kulturbewusstsein des THG lange
ersehnten frischen Aufwind. Unterstützt durch die erst
kürzlich renovierte Chefetage zeigt das THG nun stolz
sein neues Gesicht: das neue, von Schülern ins Leben
gerufene, special event K.U.L.T. gab sich mit einem
gelungenen Debüt die Ehre.
Witterungsbedingten Unpässlichkeiten zufolge fand K.U.L.T.
nicht wie geplant "open air", sondern in der
Aula der Schule statt, wo außer der Decke wohl von oben
nichts zu befürchten war. Für die Beruhigung von Magen
und Leber war gesorgt, für den weniger flexiblen Lehrkörper
waren Tische und Stühle bereitgestellt worden. Zu seinen
Füßen auf dem Boden zu nehmen hatte hingegen der Großteil
der Schüler vorgezogen.
Pünktlich zehn Minuten zu spät - um 19.40 Uhr - wie
es sich für eine Premiere gehört, begann das Programm,
moderiert von Jonas A. Hosp, der sich sicher und redegewandt
den Herausforderungen der Rhetorik stellte. Nun kam
der Augenblick, den vor allem diejenigen, die eigentlich
schon lange hätten im Bett sein müssen, sehnsüchtig
erwarteten: 'n Sync cover erschien göttergleich und
fast vollzählig auf der Bühne, wo sie von hysterischen
Gekreische, viel Beifall und DJ Michaels "special
effects" begleitet, eine umwerfende (Tanz-) Show
hinlegten und ihr Talent, Stimmung zu machen unter Beweis
stellten.
Sicherlich von höherem musikalischem Anspruch,
jedoch nicht ganz so früchtetragend im Publikum
war die Darbietung von Christian Reichardt, der anschließend
mit seiner Posaune in Aktion trat. Der Ex-THG-Schüler,
jetzt Aktionsposaunist und Musikstudent in Berlin, gab
ein Stück von Leonarnd Nernstein sowie eine eigene
Komposition zum Besten und beeindruckte durch Kompetenz
und Klang.
Claudia Schmälzle, das weibliche Pendant zu Jonas
A. Hosp, kam nun ihrer Pflicht als Co-Moderatorin nach
und kündigte die nächste Attraktion des Abends
an. Schwarze, lange Kleider trugen sie alle, die Tänzerinnen
der ambitionierten THG-Jazztanzgruppe, wodurch die feierliche
Wirkung ihrer erstaunlich professionellen Choreographie
zu "O Fortuna" aus "Carmina Burana"
noch gesteigert wurde.
Das folgende unterhaltende und wohlbekannte Spiel der
THG-The Band wurde von vielen als Hintergrundmusik einer
Nikotinkonsumpause willkommen geheissen. Diese musste
nämlich trotz Ausnahmezustand vor den Toren der
Schule abgehalten werden. Der nächste Programmpunkt
war eine (größtenteils) THG-externe Jazztanz-Performance
der Dance Art Dancers des Tanzstudios Nick Haberstich,
deren Gastspiel nicht nur ein breitgefächertes
Repertoire an Choreographien zu Liedern wie "Golden
Eye", "Everybody Dance Now" oder "They
Don't Care About Us" hervorbrachte, sondern auch
Gutscheine für Gratis-Tanzstunden.
Als Ausklang des Abends sollte uns das Programm noch
ein Ende der besonderen Art bescheren: Samson beehrte
K.U.L.T. mit ihrem überhaupt letzten und vielleicht
besten Auftritt. Bleibt nur noch zu sagen: Ein durch
und durch stimmungsvoller Auftakt zu einer hoffentlich
triumphalen Zukunft von K.U.L.T., dessen Schicksal in
Eurer Hand liegt.
Phoenix Nr. 3, Juli 1997
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